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armin-risi.ch · Triskele
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Armin Risi
Philosoph • Autor • Referent
Radikal umdenken – neue Wege und Weltbilder

Armin Risi: Gott und die Götter – Die prophezeite Wiederkehr des vedischen Wissens,
Kapitel 3: Die relative Realität, Unterkapitel: „Die Realität hinter der Relativität“ (S. 104 f.)

[„Und immer
Ins Ungebundene gehet eine Sehnsucht.“]

Absolut heißt nicht absolutistisch, diktatorisch, besserwisserisch oder alleinseligmachend, sondern ist ein rein philosophischer Begriff. Er wurzelt im lateinischen Wort absolvere („lösen; losbinden“) und wurde vom Partizip Perfekt dieses Verbs abgeleitet: absolutum, „losgelöst; ungebunden; unabhängig; unbedingt“.
   Demgegenüber bedeutet das Wort
relativ „das, was in Relation zu etwas anderem steht“, das heißt: „das, was von etwas anderem abhängig ist“. „Alles ist relativ“ bedeutet also „alles ist abhängig“, und die logische Frage lautet: „Wovon ist alles Relative abhängig?“ Die Antwort: vom Absoluten. Das ist ja gerade die Definition des Absoluten: „das, von dem alles Relative abhängig ist“, und: „das, zu dem alles Relative in Beziehung steht“. […]
   Die einseitige Ausrichtung auf das Relative (das Materielle) ist unnatürlich und unbefriedigend. Es ist die natürliche Anlage des Menschen, hinter das Oberflächliche und Vergängliche zu schauen, weil das innerste Selbst fühlt, dass es mehr ist als nur eine vergängliche materielle Form und mehr will als nur eine mühselige, bedeutungslose Existenz. Zahllose Menschen, die unbekannt blieben, und auch viele berühmt gewordene Musiker, Maler, Dichter usw. haben diesem Streben Ausdruck verliehen, wie z. B. der visionäre Dichter Friedrich Hölderlin (1770 – 1843) in diesen kryptischen Worten:
[…] Und immer
Ins Ungebundene gehet eine Sehnsucht. Vieles aber ist
Zu behalten. Und not die Treue. #fn:1
„Immer ins Ungebundene gehet eine Sehnsucht.“ Der suchende Mensch lebt gebunden in der relativen Welt, doch im Inneren fühlt er „immer“ den göttlichen Drang, die „Sehnsucht“, die ins Absolute („ins Ungebundene“) strebt. Trotz dieser Sehnsucht ist „vieles aber zu behalten“. Das Materielle wird nicht verteufelt oder verleugnet, sondern wird als relative Wahrheit erkannt, die unseren Blick zum Absoluten lenken kann. Gleichzeitig enthält diese Aussage auch eine revolutionäre Konsequenz, denn sie besagt: Vieles, aber nicht alles, ist zu behalten. Vieles muss auch aufgegeben werden – alles Hinderliche und Spaltende im eigenen Leben und in der Gesellschaft. Das Leben in der relativen Welt bringt viele Pflichten und Prüfungen mit sich, und deshalb ist das Wichtigste, was behalten werden muss, die Treue, nämlich die Treue zum ursprünglichen Ideal – das Streben nach dem Absoluten. Denn allzu leicht wird man diesem anspruchsvollen, höchsten Ziel untreu und geht Kompromisse ein: aus Inkonsequenz, sozialem Druck oder mangelndem Verständnis oder einfach, weil man wieder damit zufrieden ist, sich in der relativen Welt angenehm einzurichten.
   „Und not [= am notwendigsten] die Treue.“
  1. Friedrich Hölderlin: aus dem hymnischen Gedicht Mnemosyne (Dritte Fassung, 1804)
    Wenn Hölderlin das Wort „ungebunden“ verwendet, ist dies einfach die deutsche Version des Wortes „absolut“.

Neues Buch von Armin Risi